Johannes Kepler – Astronom und Mathematiker
Johannes Kepler wurde am 27. Dezember 1571 in Weil (heute Weil der Stadt) als Sohn von Katharina und Heinrich Kepler geboren. Er lebte in der Epoche der Renaissance bis zum Anfang des 30-jährigen Krieges. Der große Umbruch auf geistigem Gebiet, der sich damals zeigte, äußerte sich u.a. in den erbitterten Glaubenskämpfen, in der Reformation und geistig in dem Ringen bedeutender Forscher um eine neue wahre Welterkenntnis. Nikolaus Kopernikus (1473-1543) hatte in seinem astronomischen Werk: Von den Umdrehungen der Hemisphären, das er erst kurz vor seinem Tode veröffentlichte, dargestellt, daß nicht die Erde, sondern die Sonne im Mittelpunkt des Planetensystems stehe, die Erde also nur ein Planet unter Planeten sei.
Herzog Christoph stiftete für begabte Landeskinder ein Stipendium für ein Studium an der Universität Tübingen. 1589 begann Kepler, der ein solches Stipendium erhalten hatte, mit dem Studium der Theologie, Mathematik und der Astronomie. Hierbei hörte er zum ersten Mal von Kopernikus und seiner umwälzenden These. Nach Besuch zweier Klosterschulen kam Kepler ins Tübinger Stift. Weil aber sein kritischer Geist nicht mit allen Dogmen der nachlutherischen Orthodoxie übereinstimmte (u.a. Abendmahl, geozentrisches Weltbild), bekam er keine Anstellung in Württemberg. Er mußte ins Ausland. In Graz arbeitete er von 1594 bis 1600 als Landschaftsmathematiker. Dort fand Kepler auch zu seiner wahren Berufung, der Astronomie. 1597 heiratete er Barbara Müller.
Mit 24 Jahren veröffentlichte Kepler sein erstes Werk „Mysterium cosmographicum“ („Weltgeheimnis“). Er siedelte 1600 mit seiner Frau nach Prag über, um Mitarbeiter von Tycho Brahe zu werden. Nach dessen Tod im folgenden Jahr wurde Kepler sein Nachfolger als Astronom Rudolfs II. bzw. als kaiserlicher Mathematiker und führte die von Brahe hinterlassenen astronomischen Arbeiten fort. 1605 kam er zu der Erkenntnis, daß die Marsbahn kein Kreis, sondern eine Ellipse ist. Diese Erkenntnis ist die Basis der Keplerschen Gesetze. Die ersten zwei erschienen 1609 in der „Astronomia nova“ („Neue Astronomie“). Sein drittes Gesetz stellte Kepler 1619 in den „Harmonices mundi“ („Weltharmonik“) auf.
Außer auf dem Gebiet der Astronomie leistete Kepler auch Bedeutendes im Bereich der Optik. 1611 erschien sein Buch „Dioptrice“ („Dioptrik“), worin er die Theorie der Linsen und des Fernrohrs (mit zwei Konvexlinsen) weiterentwickelte.
Nachdem 1611 seine Frau und später sein Gönner Rudolf II. gestorben waren, wurde er Landschaftsmathematiker in Linz. Dort heiratete er Susanne Reutinger. Er publizierte einen „Abriß der kopernikanischen Astronomie“ (7 Bände, 1618-22) und veröffentlichte 1627 die „Rudolphinischen Tafeln“. Sie enthalten die bis dahin genauesten Tabellen der Planetenbewegungen und damit der jeweiligen Planetenpositionen.
Ab 1628 stand Kepler in Wallensteins Diensten in Ulm und Sagan. Er verlangte von ihm vor allen Dingen genaue Horoskope. Zur damaligen Zeit war die Astronomie noch stark mit der Astrologie verbunden. Sie löste sich erst später aus ihrem Schattendasein. Eine Anekdote berichtet, daß Kepler tatsächlich Wallensteins Sterbedatum vorausgesagt hat. Er war allgemein für seine präzisen Horoskope bekannt, obwohl man dem heute skeptisch gegenüber stehen kann. Sicherlich war die Astrologie für Kepler nur ein Mittel zum Zweck, um an Geld für seine astronomischen Forschungen zu kommen.
1630 begab sich Kepler auf die Reise nach Linz. Er erkrankte in Regensburg und starb am 15. November, schon bald nach seiner Ankunft.
Johannes Kepler – seine wichtigsten Werke:
Die Keplerschen Gesetze sind von Johannes Kepler aus dem von T. Brahe stammenden Beobachtungsmaterial hergeleitet. Die drei Gesetze der Planetenbewegung wurden nach ihm benannt:
1. Keplersches Gesetz:
Bei seiner Arbeit in Prag stieß Kepler auf sein „erstes“ Gesetz. Er formuliert folgendes: „Die Sache liegt daher einfach so: Die Planetenbahn ist kein Kreis; sie geht auf beiden Seiten allmählich herein und dann wieder bis zum Umfang des Kreises im Perigäum hinaus. Eine solche Bahnform nennt man ein Oval.“
Heute ist es uns folgendermaßen bekannt: Alle Planeten bewegen sich auf elliptischen Bahnen, in deren einem Brennpunkt die Sonne steht.
2. Keplersches Gesetz:
In seinem 1609 erschienenem Werk „Astronomia Nova“ liest sich sein „Zweites Gesetz“ so: „Unvollkommenes, jedoch für die Sonnen- oder Erdbahn ausreichendes Verfahren zur Berechnung der Gleichungen auf Grund der physikalischen Hypothese. Da ich mir bewußt war, daß es unendlich viele Punkte auf dem Exzenter und entsprechend unendlich viele Abstände gibt, kam mir der Gedanke, daß in der Fläche des Exzenters alle diese Abstände enthalten seien.“
Heutzutage formuliert man das so: Der Quotient aus der von einem Leitstrahl überstrichenen Fläche und der dazu erforderlichen Zeit ist konstant; d.h.der Leitstrahl Sonne-Planet überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen bzw. ein Planet bewegt sich in Sonnennähe schneller als in Sonnenferne.
3. Keplersches Gesetz:
Sein „drittes Gesetz“ erschien zuerst in seinem Werk „Harmonice mundi“: „Allein es ist ganz sicher und stimmt vollkommen, daß die Proportion, die zwischen den Umlaufzeiten irgend zweier Planenten besteht, genau das Anderthalbe der Proportion der mittleren Abstände, d.h. der Bahnen selber, ist.“
Mit anderen Worten: Die Quadrate der Umlaufzeiten zweier Planeten verhalten sich wie die dritten Potenzen der großen Halbachsen ihrer Bahnen. Die Keplerschen Gesetze gelten nur näherungsweise. Sie wären nur dann exakt gültig, wenn die Massen der Planeten gegenüber der Sonnenmasse als vernachlässigbar klein betrachtet und die Anziehungskräfte der Planeten untereinander vernachlässigt werden könnten.
Das Weinfaß
Als Kepler die Vorbereitungen für seine zweite Hochzeit traf, bestellte er einige Weinfässer. Der Verkäufer maß trotz unterschiedlicher Formen der Fässer immer mit der gleichen Methode. Das erstaunte Kepler und er suchte nach einer mathematischen Lösung und fand diese innerhalb von drei Tagen für das österreichische Weinfaß.
Das Fernrohr
Trotz seiner Sehprobleme lieferte Johannes Kepler bedeutende Beiträge zur Optik. Schon 1604 veröffentlichte er sein erstes diesbezügliches Werk, „Astronomiae Pars Optica“, in dem erstmals die Funktionsweise der „camera obscura“, der Lochkamera, vollständig erklärt wurde. Er wies nach, daß die Lichtstärke mit dem Quadrat der Entfernung abnimmt. Nach der Erfindung des Fernrohrs war es Kepler, der bald darauf eine theoretische Erklärung für den Fernrohreffekt liefern konnte.
Das Brechungsgesetz war ihm noch nicht bekannt, er begründete die Funktion mittels Strahlen-Konstruktionen. Galileis Instrument bestand aus einer Sammellinse und einer Zerstreuungslinse. Diese Anordnung liefert keine hohen Vergrößerungen. Kepler setzte sich intensiv mit Strahlengängen auseinander, bald konnte er ein verbessertes Modell vorzuschlagen, bei dem auch das Okular eine Sammellinse besitzt. Einziger Nachteil ist das auf dem Kopf stehende Bild, was jedoch bei Himmelsbeobachtungen nichts ausmacht. Dieses Fernrohr wurde später als astronomisches oder als“Keplersches Fernrohr“ bezeichnet.
Mysterium cosmographicum
Keplers Idee im „Mysterium cosmographicum“ bestand darin: „Die Erdbahn ist das Maß für alle anderen Bahnen. Ihr umschreibe ein Dodekaeder, die diesen umspannende Sphäre ist der Mars. Der Marsbahn umschreibe ein Tetraeder, die dieses umspannende Sphäre ist der Jupiter. Der Jupiterbahn umschreibe man einen Würfel. Die diesen umspannende Sphäre ist der Saturn. Nun lege in die Erdbahn ein Ikosaeder; die diesem eingeschriebene Sphäre ist die Venus. In die Venusbahn lege ein Oktaeder, die diesem eingeschriebene Sphäre ist der Merkur.“ Die fünf regelmäßigen Körper, die Kepler im dreidimensionalen Raum nannte, heißen platonische Körper. Bei ihnen sind alle Flächen gleichseitig und alle Seiten gleich lang. Kepler hatte die Idee, daß das Universum nach geometrischen Prinzipien aufgebaut worden war.
Harmonice Mundi
In den ersten fünf Bänden dieses Werkes geht es um den Begriff der Harmonie in der Mathematik, in letzten drei um die Anwendungen dieses Begriffs auf die Musik, Astronomie und Astrologie. Das 5. Buch enthält u.a. auch Keplers drittes Gesetz der Planetenbewegung.
Epitome Astronomiae Copernicanae
Hierbei handelt es sich um ein Lehrbuch, in dem die Gesetze, die ursprünglich nur für den Mars galten, auf alle anderen Planten angewandt werden, auch auf den Erdmond und die Satelliten Jupiters. Es war Keplers umfangreichste Arbeit und zugleich auch die bedeutendste systematische Darstellung der Astronomie seit dem Almagest.
Tabulae Rudolphinae – die Rudolfinischen Tafeln
Die Rudolfinischen Tafeln stellen eine beachtliche Leistung Keplers in praktischer Astronomie dar. Die Fertigstellung dieses Werkes wurde von Astronomen und Seefahrern ungeduldig erwartet. Es war wesentlich genauer als die bis dahin verwendeten Alfonsinischen Tafeln.Die Rudolfinischen Tafeln dienten länger als ein Jahrhundert zum Studium des Himmels. Sie bestehen aus verschiedenen Tafeln und Regeln zur Vorhersage der Planentenstellungen sowie aus Tycho Brahes Katalog der 777 Sternörter, die Kepler auf 1005 erweitert hat. Refraktionstabellen, Logarithmen und einem Verzeichnis der Städte der Welt gehören auch dazu.
Somnium – der Traum vom Mond
Dieses Buch ist eines der ersten Science-Fiction-Romane im modernen Sinn. Kepler verbindet darin geschickt Literatur und Wissenschaft. Die Erzählung übte einen nicht zu unterschätzenden Einfluß auf die späteren Schilderungen interplaneter Reisen in Romanen von John Wilkins, Henry More, Samuel Butler, Jules Verne u.a.aus.Strena seu de Nive
sexangula – Vom sechseckigen Schnee
In diesem Buch, welches Kepler Wackher von Wackenfels widmet, diskutiert er die Formen der Schneeflocken, kommt am Ende aber zu der Erkenntnis: „…da ich an das Tor der Chemie geklopft habe und sehe, wieviel noch zu sagen wäre, bis man in dieser Sache die Ursachen kennengelernt hat…“
Johannes Kepler – Leben und Werk im Überblick
1571 | am 27.12.1571 in Weil geboren |
1584 | Besuch der Klosterschule in Adelberg bzw. Maulbronn von 1584 bis 1589 |
1589 | Studium der Theologie, der Astronomie und der Mathematik von 1589 bis 1594 in Tübingen |
1594 | Berufung als Professor der Mathematik an die evangelische Stiftsschule in Graz |
1594 | Landschaftsmathematiker und Lehrer in Graz von 1594 bis 1600 |
1595 | Idee zum „Mysterium Cosmographicum“ („Weltgeheimnis“) |
1597 | Heirat mit Barbara Müller |
1597 | sein erstes Buch erscheint |
1600 | Vertreibung Keplers aus Graz, geht zu Tycho Brahe nach Prag |
1601 | führt Brahes Arbeiten nach dessen Tod fort |
1601 | kaiserlicher Mathematiker Rudolfs II von 1601 bis 1612 |
1604 | „Astronomia pars Optica“ erscheint |
1605 | Erkenntnis der elliptischen Form der Marsbahn |
1606 | Werk „De Stella Nova“ |
1609 | Veröffentlichung der „Astronomia Nova“ („Neue Astronomie“) |
1611 | Werk „Dioptrice“ („Dioptik“): Weiterentwicklung der Theorie der Linsen und des Fernrohrs |
1611 | seine erste Frau und sein Kind sterben |
1612 | von 1612 bis 1626 Landschaftsmathematiker in Linz |
1613 | heiratet Susanne Reutinger |
1615 | Werk „Stereometrie der Fässer“ |
1617 | Anklage der Mutter Katharina Kepler wegen Hexerei |
1618 | 1. Teil des Werks „Epitome Astronomiae Copernicanae“ |
1619 | Werk „Harmonice Mundi“ („Weltharmonik“) erscheint |
1620 | Reise nach Württemberg |
1621 | 2. Teil des Werks „Epitome Astronomiae Copernicanae“ |
1622 | Keplers Mutter stirbt |
1627 | die „Rudolphinschen Tafeln“ erscheinen |
1628 | tritt in die Dienste Wallensteins |
1630 | Kepler stirbt am 15.11.1630 in Regensburg |
1634 | sein Sohn Ludwig veröffentlicht dessen Buch „Somnium“ (Traum vom Mond) |