Ausgabe der Abiturzeugnisse 2025
Auch in diesem Jahr wurden die Abiturzeugnisse in der Taborkirche in direkter Nachbarschaft unserer Schule überreicht. Vielen Dank an die Gemeinde für die Bereitstellung des Raumes.
47 Abiturientinnen und Abiturienten verlassen das Johannes-Kepler-Gymnasium. Davon 12 mit einem Durchschnitt besser als 2,0, Sie erhielten einen Graphitstift als Erinnerung. Alle erhielten eine Blume. Stifte und Blumen wurden durch den Förderverein des Johannes-Kepler-Gymnasiums gesponsert.

Die Janrgangsbeste, Nele Gerdes-Götz, kann sich über einen Durchschnitt von 1,0 freuen. Herzlichen Glückwunsch dazu.

Das Programm wurde durch musikalisch talentierte Lehrerinnen und Lehrer in einer Bläsergruppe und einem Chor für die Abiturientinnen und Abiturienten untermalt; eine wunderbare Geste. Außerdem erfreute Marlene Zeug mit einem Klavierstück die Anwesenden.



Wie bereits im letzten Jahr nutzte Herr Deuschle eine Fotoaufnahme als Aufhänger für seine Rede. Hier einige Impressionen:

„Die Antwort ist, dass wir weiterhin und mit frischem Elan machen sollten, was wir schon immer tun mussten: schlechte Rede mit besserer Rede kontern, falschen Narrativen bessere entgegensetzen, auf Hass mit Liebe antworten und nicht die Hoffnung aufgeben, dass sich die Wahrheit selbst in einer Zeit der Lügen durchsetzen kann.“ (Salman Rushdie)
Eigentlich ist Ihnen mit Rushdie für das nun Kommende alles gesagt.
Aber, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, auch Sie sollen in den Genuss einer echten Abiturrede kommen. Dies ist ein Feiertag, der Sie hochleben lässt. 47 junge Menschen haben in diesem Jahr die allgemeine Hochschulreife an unserer Schule bestanden, wozu auch ich ganz persönlich Ihnen gratuliere. Besonderer Dank geht neben den Kolleginnen und Kollegen in diesem Zusammenhang insbesondere an Frau Mitschke für ihr 1. Abitur: verlässlich führte sie Sie alle und auch mich durch diesen Abiturdurchgang.
Dank auch an die Taborkirchgemeinde, dass wir Ihre tollen Räumlichkeiten wieder nutzen dürfen. Den Aufhänger für meine Ausführungen bildet eine Begegnung des vergangenen Sommers in der Picardie. Mit Ihren Abiturzeugnissen werden auch Sie in diesem Jahr ein Bild erhalten. Vor der Silhouette des Meeres sehen Sie eine auf einer Bank sitzende Frau, die – Caspar David Friedrich lässt grüßen – auf das Meer hinausschaut. Sie heißt Claire, wie ich später herausfinden soll. Diesen freudigen Tag nicht überschattend, sei nur so viel erzählt: Sie vereint überproportional viele Ereignisse, die wir gemeinhin Schicksalsschläge nennen, auf sich. Claire erzählt mir, dass sie jeden Tag hier am Meer sitzt, im Winter wie im Sommer, um ihrem Mann und ihrem Sohn nah zu sein. Sie erzählt außerdem, dass sie die Krisen ihres Lebens nie zu Verbitterung geführt haben. Jeden Tag nehme sie sich vor, für einen Menschen „da draußen“ einen positiven Unterschied zu machen.
Nun lassen wir Sie auf das Draußen los, oder das Draußen auf Sie; je nach Betrachtungsweise. Es gibt sicherlich diejenigen unter Ihnen, die voller Ungeduld und Vorfreude sind und es kaum abwarten können; wie Rennpferde in der Startbox. Und dann gibt es wahrscheinlich auch diejenigen, die eher ungewiss sind, ob sie da draußen gut bestehen können. Vielleicht gibt es auch Menschen unter Ihnen, die eingeschüchtert oder gar etwas ängstlich sind. Alle Gefühle sind nachvollziehbar.
Da ich in den kommenden Tagen das 40. Lebensjahr vollende, sei mir zu diesem Anlass etwas Lebensweisheit erlaubt. Mein Rat an Sie, der sich auch aus der Begegnung mit Claire ergibt:
1.) Interessieren Sie sich für Ihre Mitmenschen; fragen Sie sie authentisch „Wie es Ihnen geht“, hören Sie aktiv zu. Die Reaktion der Menschen wird Sie überraschen. Viele Menschen sind ein aufrichtiges: Wie geht es Ihnen? schlichtweg nicht mehr gewohnt und können wie paralysiert kaum adäquat antworten. Das sagt sehr viel über das „da draußen“ aus.
2.) Lassen Sie möglichst viel Liebe in Ihr Leben. Ergehen Sie sich nicht in Hass oder Verachtung. Beide korrodieren den Behälter, in dem sie aufbewahrt werden: den Menschen, der diese Gefühle trägt. Schöner besingt es Nick Kamen in „I promised myself“: „No mistake, who can live without love?“
3.) Bauen Sie allerhand, aber keine Mauern. Natürlich ist der Reflex nachvollziehbar, scheinbarer Unübersichtlichkeit, Überforderung und Unsicherheit mit Abgrenzung zu begegnen. Um dem Anspruch einer solchen Rede am Gymnasium nun auch endlich literarisch gerecht zu werden, zu diesem Punkt gern Kafka:
„Ach“, sagte die Maus, „die Welt wird enger mit jedem Tag. Zuerst war sie so
breit, dass ich Angst hatte, ich lief weiter und war glücklich, dass ich endlich
rechts und links in der Ferne Mauern sah, aber diese langen Mauern eilen so
schnell aufeinander zu, dass ich schon im letzten Zimmer bin, und dort im
Winkel steht die Falle, in die ich laufe.“ – „Du musst nur die Laufrichtung
ändern“, sagte die Katze und fraß sie.
Den Wunsch nach Orientierung führt Kafka hier in seiner Parabel ad absurdum. Die sich verengenden Mauern schränken letztlich nicht nur die Freiheit maximal ein, sondern werden gar zu existenziellen Krise.
Also mein Plädoyer: Begegnen Sie der Welt da draußen mit Mut, nicht mit Wut. Bewahren Sie sich Humor umgeben von sehr viel Irrsinn. Bauen Sie allerhand, aber keine Mauern. Tragen Sie, ertragen Sie nicht! Seien Sie neugierig, stellen Sie Fragen.
„Wenn man die Fragen lebt, lebt man vielleicht allmählich, ohne es zu merken, eines fremden Tages in die Antworten hinein.“ (Rilke)
Zuletzt der Wunsch der weisesten Frau dieser Welt, meiner Großmutter: Bleiben Sie gesund und fröhlich. Es sind zwei Seiten derselben Medaille.
Sara Seidel sprach für die Abiturientinnen und Abiturienten:

Wir alle feiern nun heute und natürlich am Montag. Wir schließen etwas ab. Wir beenden etwas, was uns so lange so vertraut war. Ein Projekt geschafft zu haben, ja das macht einen glücklich und stolz, aber ein gutes Buch zu beenden, oder die letzte Folge der Lieblingsserie zu schauen stimmt einen oftmals schon sehr traurig und melancholisch. Auch wenn die ein oder andere Unterrichtsstunde mal nicht so interessant, sondern langweilig erschien, waren doch alle Lehrer als Mensch unsere Wegbegleiter für eine sehr lange Zeit, um genau zu sein, für 2/3 unseres bisherigen Lebens.
Besonders Herr Börner, Frau Seifert und Frau Woithon sowie Herr Köppel, Frau Mitschke und Frau Pürthner standen uns als Klassenleiter bzw. Tutor stets zur Seite und prägten auch unsere Entwicklung als Heranwachsende
Bisher wussten wir immer wann wir aufstehen müssen, oder zumindest sollten und wann wir wieder das Schulgelände für diesen Tag verlassen durften. Nun mussten bzw. müssen wir zum ersten Mal selbst entscheiden, wie unser Alltag in den kommenden Monaten und Jahren aussehen soll. Das ist bestimmt ein Stück weit einschüchternd, aber für viele von uns ist es bestimmt auch eine Chance, eine lang ersehnte Chance, nämlich selbst zu bestimmen, schulisch gesehen, aber natürlich auch privat.
Doch eine Sache ändert sich nie. Unsere Lieben sind gedanklich an unserer Seite, die letzten 12 Jahre, heute zu unserem Abschluss und in der kommenden Zeit, auch wenn nicht immer in Präsenz, aber als mentale Unterstützung und das ist das wohl Entscheidendste. Damit auch ein Dankeschön aus tiefsten Herzen für all die Nerven und Extrastunden, die wir gemeinsam versucht haben Mathe zu verstehen oder uns gefragt haben, warum wir gerade die detaillierte Molekülstruktur oder Literaturnobelpreisträger lernen müssen. Aber unsere Eltern sind eben Naturtalente und haben für uns mal eben zum jeweiligen Nachhilfelehrer umgeschult, aber das sind sie ja eigentlich schon immer: seit unserem ersten Gebrabbel, unseren ersten Schritten und dem ersten Fahrradversuch.
Und plötzlich war die Oberstufe da. Dann hieß es auf einmal je höher die Zahl der Benotung desto besser, die letzten Sommerferien fühlten sich gar nicht so besonders an, die Kursfahrt in den Alpen und in Amsterdam, viel zu viele Klausuren, Vorabi und dann kamen auch schon die Prüfungen und alles verging wie im Flug Wir wurden groß, als wir in der Schule waren und doch fühlte es sich immer ätzend lang an: die Schulstunde, der Tag, die Woche, die Zeit bis endlich wieder Ferien waren und das Schuljahr, mal 12 und schon sind wir hier. Und nun?
Trennen wir uns wohl, gehen alle unsere eigenen Wege, aber wir blicken auf die gleichen Momente zurück und gehen hinaus ins weite Leben, um dort den nächsten Lebensabschnitt zu passieren.
Liebe Lehrer, liebe Eltern, liebe Freunde, liebe Angehörige, seht diese Rede als Dankeschön und Wertschätzung für eure Nerven, Zeit und Geduld. Wir, die Abschlussklasse 2025, sind froh, dass ihr diesen Weg gedanklich mit uns bestritten habt
Lasst uns nun und vor allem am Montag freudig feiern, *um unsere Schulzeit ehrenwürdig ausklingen zu lassen, sodass wir ab morgen motiviert und mehr oder weniger zielorientiert unsere Träume verfolgen können.Dankeschön für die gemeinsame Zeit.





