Einblicke in die Grundlagenforschung

Wer sich für Physik begeistert, kommt mit der Zeit zur Frage, was die Welt im Innersten zusammenhält. Nach einiger Recherche landet man schließlich bei Begriffen wie Elementarteilchen und Antimaterie und streicht resignierend die Segel. Schließlich gehört dieser Teil nicht mehr zum Allgemeinwissen eines Abiturienten und bleibt höchstens den Physik-Nerds vorbehalten.

So ein Physik-Nerd hatte in den Herbstferien die Möglichkeit, für eine Woche an einer bundesweiten Lehrerfortbildung am CERN in Genf teilzunehmen und zu erfahren, wie dort gearbeitet wird und welcher Aufwand vonnöten ist, um der Natur Antworten zu ihren Gesetzmäßigkeiten abzuringen. Aber langsam…

Am Sonntagnachmittag erreichte ich nach 10 Stunden Zugfahrt die Stadt Genf, in der am gleichen Tag der Startschuss für das German Teacher Programm fallen sollte. Eine Woche lang hatten 30 Lehrer die Gelegenheit, das berühmte Forschungszentrum in der Schweiz anzuschauen und mit einzelnen Mitarbeitern zu sprechen. Die Woche war vollgepackt mit Vorlesungen zur Teilchenphysik, die sich grob in die folgenden Fragestellungen einteilte:

  • Woraus besteht unsere Materie?
  • Wie baut man einen Teilchenbeschleuniger?
  • Wie ist ein Teilchendetektor aufgebaut?
  • Ist Antimaterie wirklich so gefährlich wie im Film Illuminati?

Zusätzlich zu unserem Unterricht besuchten wir am Nachmittag die einzelnen Teilchenbeschleuniger am CERN, gingen 100m unter Tage zum bekannten CMS-Detektor, wo 2012 das Higgs-Teilchen nachgewiesen wurde, und testeten im Schülerlabor eine  selbstgebaute Nebelkammer für den Physikunterricht.

Gut gerüstet für Schülerfragen endete nach 5 Tagen meine Fortbildung und ich trat die Rückreise nach Leipzig an. Völlig überwältigt von den vielen Eindrücken ist es schwer, einzelne Highlights herauszupicken, so dass ich diese mit interessierten Schülern, Eltern und Kollegen im direkten Gespräch austauschen würde.

Eine Kurzzusammenfassung möchte ich dennoch geben:  Was findet also am CERN statt?

Am CERN in Genf werden im LHC (Large Hadron Collider) Protonenpakete auf 99,999999% der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und zur Kollision gebracht. Die Protonenpakete (110Mrd. Protonen) haben dabei ungefähr die Bewegungsenergie eines ICE-Zuges bei 200km/h. Bei diesen Kollisionen zersplittern die Protonen in ihre Bestandteile und es entstehen aufgrund von Einsteins berühmter Formel E=mc2 neue Teilchen, die eine Lebensdauer im Bereich von wenigen Milliardstel Sekunden besitzen. Mit Hilfe riesiger Detektoren misst man die Flugbahn, Ladung und Energie der Teilchen. Dabei werden pro Sekunde 150TB (Tera-Byte) an Daten erhoben, die nach neuen interessanten Teilchen gescannt und gefiltert werden, so dass z.B. alle 20 Minuten ein Higgs-Teilchen beobachtet werden konnte.

Um Protonen auf diese Geschwindigkeiten zu beschleunigen, wurde eine 27km lange unterirdische Röhre gebaut, in der die Teilchenpakete in einem Ultrahochvakuum gegenläufig kreisen. Um Teilchen auf dieser Kreisbahn zu halten, sind enorme Magnetfelder nötig. Hierzu werden supraleitende Materialien verwendet, die bei einer Temperatur von -271°C einem Strom von 13000 Ampere standhalten.

Mit all diesen Maßnahmen erreicht man Energiedichten und Temperaturen, die dem Zustand des Universums 1 Billionstel Sekunde nach dem Urknall entsprechen. Zu dieser Zeit gab es noch keine Atome und das gesamte Universum hatte ungefähr die Größe unseres Sonnensystems bis zum Mars.

Physik kann also doch spannend sein.

Dieser Bericht wurde von Herrn Knape verfasst, der in der ersten Herbstferien-Woche das LHC-Forschungsgelände besichtigen konnte.